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Multitasking, exekutive Kontrolle und der Flow

Multitasking ist in aller Munde. Und das betrifft nicht nur uns, sondern auch unsere Kinder: Vor sich die Hausübung, neben sich die gesunde Jause, ein Auge auf dem Handy, wo Tiktok, Whatsapp und Snapchat um ihre Aufmerksamkeit buhlen. Medien sorgen für dauernde Unterbrechungen, lenken unsere Energie und diktieren den Rhythmus unseres Tuns. Wir leben im Zeitalter des Double Screenings und der Digitalen Demenz: Haben wir das Handy neben uns am Schreibtisch, sinkt der IQ messbar, klingelt es auch noch, reduziert sich unsere Leistung um die Hälfte. Die Kreativität ist in den Industrienationen in den letzten 20 Jahren deutlich zurück gegangen; seit fünf Jahren ist in neun Ländern der westlichen Welt kein Intelligenzanstieg mehr zu verzeichnen.

Was passiert beim Multitasking mit uns und unserem Gehirn? Häufige Unterbrechungen fragmentieren Denken und Handeln. Sie verhindern den Flow, die Tiefe bei der Aufgabenerledigung. Selbst nach kurzen Unterbrechungen von nur einer Minute braucht unser Hirn doppelt so lange, um wieder mit der gleichen Konzentration bei der Sache zu sein. Die fehlende Tiefe kostet Produktivität, da wir insgesamt länger brauchen und mehr Fehler machen.

Multitasking geht von der Möglichkeit der Gleichzeitigkeit aus: Tatsächlich ist parallele Informationsverarbeitung aber im Gehirn nicht möglich, außer bei gänzlich unterschiedlichen Aufgaben, wie zum Beispiel Schuhe binden und Sprechen. Bei ähnlichen geistigen Leistungen funktioniert die Verarbeitung nur seriell: Die Aufmerksamkeit muss zwischen den Anforderungen umgeschaltet werden Dieses „Switchen“ ist anstrengend und erschöpfend für das Gehirn.

Für diese komplexen Aufgaben ist die exekutive Kontrolle zuständig: Diese funktioniert tatsächlich so, wie unsere Exekutive bei einem Verkehrsunfall: Schauen Sie nicht, bleiben Sie nicht stehen, kümmern Sie sich um ihre eigenen Sachen! Sie sitzt im Präfrontalen Cortex (PFC) und ist mit der Erfassung, Prüfung und Löschung von Inhalten und Reizen beschäftigt. Die exekutive Kontrolle entwickelt sich in der Kindheit, erreicht bei Teenagern und jungen Erwachsenen ihren Höhepunkt und lässt dann sukzessive wieder nach. Sie hat die Aufgabe der Impulskontrolle, fokussiert die Aufmerksamkeit auf das Wesentliche, ist der Sitz des Arbeitsgedächtnis und ist für flexibles Denken zuständig. Ist unsere exekutive Kontrolle nun einer dauernden Reizflut ausgesetzt, bleibt zu wenig Zeit für assoziatives Denken und Kreativität.

Wie kann man die exekutive Kontrolle stärken?

Im Alltag sind zwei Maßnahmen wichtig, um die exekutive Kontrolle bei ihrer Arbeit zu unterstützen: Einerseits die Einführung einer „Tiefen Stunde“: In dieser Zeit sollten wir dafür sorgen, dass ungestörte Arbeit möglich ist:  Das Handy wird irgendwo anders angesteckt, störende Umgebungsreize ausgeschaltet und auch die Diskussion, was es zum Abendessen gibt, auf später verschoben. Wo es möglich ist, sollten wir beobachten, zu welcher Zeit wir am leistungsfähigsten sind, und unsere „Tiefe Stunde“ dorthin schieben. In dieser Zeit kann man entspannt (und genussvoll!) anspruchsvolle, längere Aufgaben, wie Aufsätze schreiben oder größere Stoffmengen lernen erledigen.  Der zweite wesentliche Pfeiler ist eine tägliche Zeitspanne zum Abschalten. Das muss keine Meditation sein, es reicht auch, träumend aus dem Fenster zu schauen, ohne Ablenkung Musik zu hören oder einen entspannten Spaziergang zu machen.

Zu langweilig? Dann heißt die Lösung wieder einmal Sport!

Sport hilft beim Abschalten: Die Aktivität des PFC wird runtergefahren, gleichzeitig wird das Ruhezustandnetzwerk eingeschaltet. Dieses „Default Mode Network“ besteht aus verschiedenen Bereichen in der Gehirnrinde, die mit dem Hippocampus verbunden sind. So können sich die Gehirnareale, die für Multitasking zuständig sind, erholen und es entsteht Raum für Kreativität.

Genau das unterstützt motion4kids.

Von Mag. Barbara Fisa, MPH

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