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Interview mit Martin Leitner vom Verein „Bewegte Schule“

In den letzten Monaten haben wir mit movevo4kids eines unserer Projekte näher vorgestellt. Jetzt holen wir einen unserer Kooperationspartner vor den Vorhang: die Bewegte Schule.

Lieber Martin, kannst du die Bewegte Schule Österreich vorstellen? 

Wir sind ein Netzwerk von Lehrer*innen die seit 30 Jahren Bildung in Österreich verändern, hin zu einem besseren, kind- und lerngerechten Umfeld, bei dem die Bewegung als wichtige Ressource gesehen wird. Dies gelingt uns in Zusammenarbeit mit vielen Lehrer*innen in vielen Klassen und Schulen bereits sehr gut und wir hoffen in Zukunft, dass sich diese Prinzipien auch in allen Schulen durchsetzen. Wir vergeben auch das Gütesiegel Bewegte Schule, uns setzen hier auf die drei zentralen Handlungsfelder Lern- und Lebensraum Schule, Lehren und Lernen sowie Steuern und Organisieren, die wie Zahnräder ineinandergreifen. Weitere Informationen: www.bewegteschule.at

Warum ist Bewegung im Schulalltag so wesentlich?

Bewegung ist eine Voraussetzung für eine optimale kognitive, psychische, physische und soziale Entwicklung der Kinder und Jugendlichen. Diese sind heute mit einer veränderten bewegungsarmen Lebenswelt konfrontiert und dem entsprechend ist mehr Bewegung in vorschulische und schulische Bildungseinrichtungen zu bringen. Neben der motorischen Bewegung müssen sich auch die Unterrichtsinhalte und -methoden, die Schulorganisation und der Lern- und Lebensraum Schule verändern. Die Wissenschaft zeigt klar, dass sich mehr Bewegung positiv auf die Lernleistung der Schüler*innen auswirkt. 

Was sind deine schönsten Erfolgserlebnisse mit „Bewegte Schule“? 

Die schönste Geschichte hat mir eine Mutter erzählt, die ein sehr bewegungshungriges (zappeliges) Kind hat und dieses in einer Volksschule große Probleme und schlechte Noten bekam, erst der Wechsel in eine Bewegte Schule ließ dieses Kind erblühen, da es sich von nun an auf die Schule freute und beim Lernen große Fortschritte machte, da Bewegung als Chance und nicht als Störung betrachtet wurde. 

Toll sind auch Schulen, die nach den Prinzipien einer Bewegten Schule geplant und gebaut werden und somit jahrelange Arbeit von engagierten Lehrer*innen und Direktor*innen belohnt wird. Eine solche Schule zu besuchen und die positiven Auswirkungen auf die Kinder zu sehen, bereitet immer wieder große Freude. 

Was sind die größten Hürden in der Umsetzung?

Leider gelingt es noch nicht überall, diese Ideen an die Schulen zu bringen. Hierfür gibt es zum Teil starre Vorgaben bzw. auch Lehrer*innen und Direktor*innen denen vielleicht auch persönlich der Zugang zum Thema Bewegung fehlt. Ganz schade finde ich es, wenn engagierte und motivierte Studierende oder junge Lehrer*innen Bewegtes Lernen an einer Schule umsetzen wollen und dies aber dann sogar verboten wird. Hier gilt es noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten und alte Routinen zu verändern.

Was sagst du zum Abschneiden der österreichischen Schulen in der Pisa-Studie? 2015 sind wir in der Gesamtleistung auf Platz 27 von 71 gelandet, also OECD-Durchschnitt, Deutschland war immerhin auf Platz 13. Beim Leseverständnis hat es nur für Platz 33, bei den Naturwissenschaften für Platz 26 und in Mathematik immerhin für Platz 20 gereicht. Am besten haben Singapur, Hongkong und Japan abgeschnitten. Hat das etwas mit unserer Art des Schulsystems zu tun und was machen diese Länder anders?   

Ich bin kein Experte für Bildungssysteme in Asien, weiß aber, dass Bildung generell in anderen Ländern einen besseren Stellenwert in der Gesellschaft hat und auch die Anerkennung für den Beruf des Lehrers viel höher ist. Für eine bessere Chancengerechtigkeit für benachteiligte Schüler*innen sind Ganztagsschulen und ausreichende Förderstunden ein wichtiges Element, hier könnten neben der Kompensation von Schwächen auch Angebote für besonders talentierte Kinder gesetzt werden, denn es geht nicht darum, dass alle das gleiche können, sondern das jedes Kind möglichst gut seine Potentiale ausschöpft und sein eigenes Leben gut bewältigen kann. Dazu müssen wir den Lehrer*innen die Möglichkeiten und Rahmenbedingungen geben, damit sie an den Schulen dies umsetzen können.

Was hältst du von der Forderung nach der täglichen Turnstunde? 

Die Forderung zu mehr Bewegung und Sport an den Schulen unterstütze ich voll und ganz, wobei dieses mehr an Bewegung im gesamten Schulalltag ankommen muss. Vom Schulweg über die Unterrichtsstunden in denen Bewegtes Lernen selbstverständlich ist, über eine Bewegte Pause mit entsprechenden Möglichkeiten und einem gesunden Mittagessen bis hin zu Nachmittagsangeboten bei denen neben Bewegung und Sport auch musische und künstlerische Einheiten vorhanden sind. 

Wie stehst du selbst zu Bewegung? Was ist Dein persönlicher Lieblingssport?

Nachdem ich Sport studiert habe und mich selbst sehr gerne bewege, ist dies ein wichtiger Bestandteil meines Lebens, wobei sich dies vom leistungsorientierten Sport hin zum Freizeitsport und Bewegung entwickelt hat. Meine bevorzugte Sportart ist Volleyball, welche ich lange Jahre in unterschiedlichen Ligen gespielt habe. In den letzten Jahren habe ich vermehrt auf Beachvolleyball gewechselt, da der intensive Hallensport nicht mehr optimal für meine Gelenke ist und zusätzlich gehe ich regelmäßig Radfahren und Laufen.  

Du bist ja Vater zweier Kinder. Wie hältst du es bei ihnen mit Bewegung?

 Meine Tochter geht in eine Sportmittelschule und auch in der Freizeit betreibt sie einige Sportarten, wobei ihr der Wettkampf und der Leistungsvergleich nicht so wichtig ist. Mein Sohn (10 Jahre) ist richtig bewegungshungrig und den ganzen Tag auf den Beinen, er spielt Fußball, ist aktuell viel mit dem Scooter im Skaterpark und spielt einfach viel mit seinen Freunden auf der Straße und im Garten. Ich versuche dies zu fördern und unterstütze meine Kinder für sich die passenden Angebote zu finden, aktuell will mein Sohn Karate ausprobieren. Beide gehen auch in eine Tanzgruppe und spielen ein Instrument.

Jetzt noch ein paar Fragen zur Zusammenarbeit mit motion4kids:

Wie seid ihr auf m4k gekommen?

Ein gemeinsamer Bekannter hat Christoph auf uns aufmerksam gemacht und nachdem wir uns gegenseitig vorgestellt und wir gemeinsame Ziele gefunden haben, arbeiten wir nun gemeinsam daran, Bildung in Österreich in Bewegung zu bringen.

Wie schaut eure Zusammenarbeit mit/Unterstützung für motion4kids genau aus? 

Unsere Stärke ist sicherlich der Kontakt zu den Lehrer*innen und die Erfahrung, die wir in den letzten Jahrzehnten im Bewegungsbereich sammeln konnten. Daher beraten wir bei der Umsetzung bzw. setzen mit Schulen gemeinsam Projekte um.

Welche Förderprojekt magst du besonders? Warum?

Playfinity mag ich persönlich sehr gerne, da es die Elemente Ball, Technik, Spiel und Bewegung gut vereint. Train@Game freut mich sehr, da ich mich mit den Gründern von Sport Attack 2018 getroffen habe und wir uns über das Thema Bewegung ausgetauscht haben. Dass sie jetzt so viel schaffen und damit Erfolg haben, ist der Beweis dafür, dass man vieles umsetzen und erreichen kann.

Was möchtest du motion4kids mit auf den Weg geben?

Mit motion4kids kommt eine Kultur der Innovation, wie bei vielen Start-ups, in den Bereich von Bewegung, Technik und Bildung, dieser frische Wind ist gut für das Bildungssystem, für die Lehrer*innen und auch für die Kinder und Jugendlichen. Daher wünsche ich motion4kids viele gute, innovative und nachhaltige Projekte.  

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