Login

Jonglieren für Fortgeschrittene, der Einbeinstand und der Sensenmann - Wie man mit Tasche und Gehstock in einer Ampelphase über die Kreuzung kommt

Von 23. bis 30. September 2022 findet auch heuer wieder die Europäische Woche des Sports statt. Dabei handelt es sich um eine Initiative der Europäischen Kommission zur Förderung des Sports und der körperlichen Betätigung. Das Kampagnenthema #BeActive soll dazu ermutigen, während der Woche aktiv zu sein.

Eine wichtige Anregung. Kaum sind die Ferien vorbei, rutschen Bewegung und Sport schnell mal auf Platz 29 der Prioritätenliste. Natürlich ist es besser als nichts, am Wochenende einen Ausflug zu machen oder eine Laufeinheit zu planen – Stichwort Weekend Warrior – aber deutlich besser wäre es noch, Bewegung mehrmals täglich als Unterbrechung unseres sitzenden Lebensstils einzuplanen. #BeActive gibt es seit 2015 und wird in 42 Ländern umgesetzt. Zu den Initiativen gehört unter anderem der „Fitness Badge“, der von der Sportunion mitentwickelt wurde. Der Fitness Badge wird für sportmotorische Fähigkeiten auf drei Niveaus verliehen: Basic, Advanced und Approved. Das Basic Paket umfasst zum Beispiel die folgenden Übungen: dänischer Step-Test, Unterarmstütz, Einbeinaufstehen, Liegestütz, Einbeinstand, Hampelmann und den Sit & Reach-Test.[i]

Diese Zusammenstellung von Übungen dient dazu, alle sportmotorischen Grundfähigkeiten zu erfassen: Ausdauer, Schnelligkeit (Step-Test) und Kraft (Unterarmstütz und Einbeinaufstehen) – all das, was man gemeinhin meint, wenn man von Kondition spricht. Dazu kommen noch Koordination (Hampelmann), also die Steuerung und Regelung von Bewegungen und Bewegungsabläufen auf neuronaler Ebene und die Beweglichkeit (Sit & Reach-Test).

Jede dieser Fähigkeiten ist wichtig, weil sie ein andere Leistung des Körpers abdeckt. Die Grundlagen dafür werden durch regelmäßige Übung in der Jugend gelegt. Ab dem 30. Lebensjahr verliert man dann bereits an Kraft und Ausdauer, ab dem 50. lässt auch die Beweglichkeit nach. Genau dann wird diese Basis, die wir als Kinder aufgebaut haben, relevant: Dann kommt es drauf an, ob wir die Schnelligkeit und Ausdauer haben, um in einer Ampelphase eine Kreuzung zu überqueren, ob wir die Kraft haben, ohne Hilfe vom Toilettensitz aufzustehen oder die Geschicklichkeit, mit einer Handtasche und einem Gehstock gleichzeitig zu jonglieren.

Und nicht nur das. Unsere sportmotorischen Fähigkeiten sind eng mit unserer verbleibenden Lebenszeit verknüpft. In einer Studie wurde die Fähigkeit, zehn Sekunden im Einbeinstand zu balancieren getestet und in Relation zur Sterblichkeit gesetzt: 20,4 Prozent der getesteten Personen zwischen 51-75 Jahren konnten das nicht. In den folgenden sieben Jahren hatten diese (bereinigt um die Faktoren Alter, Geschlecht, BMI und andere Krankheiten) ein 84 Prozent höheres Sterberisiko[ii]. Auch Schrittlänge und Gehgeschwindigkeit lassen – vor allem in Zusammenhang mit der Sturzwahrscheinlichkeit - ziemlich exakte Aussagen bezüglich der Mortalität zu.

Laut einer WHO-Studie bewegen sich in Österreich 71,2 Prozent der Buben und sogar 84,5 Prozent der Mädchen zu wenig. Weltweit sind es 80 Prozent der elf- bis 17-jährigen. Schlechte Aussichten für die Zukunft, sowohl jedes Einzelnen als auch unserer Gesellschaft als Ganzes.

Wieviel sich Kinder bewegen sollten? Kindergartenkinder sollten täglich mindestens drei Stunden Bewegung machen – je vielfältiger, desto besser. Volksschulkinder sollten sich täglich mindestens eine Stunde bewegen (ein Hoch auf die tägliche Turnstunde!), mindestens drei Mal pro Woche muskelkräftigende und knochenstärkende Aktivitäten machen und langes Sitzen vermeiden.

Womit wir wieder beim Thema wären: Es geht um die Bewegungskompetenz, das Gesundheitsverhalten und die körperliche und geistige Entwicklung. Motion4kids ist es ein besonderes Anliegen, über diese körperlichen Konsequenzen hinaus auch auf die Auswirkungen auf die Bildung hinzuweisen: Bewegung fördert akademische Leistungen und die mentale Gesundheit. Nicht umsonst heißt die lateinische Redewendung „Mens sana in corpore sano“, ein gesunder Geist in einem gesunden Körper. In diesem Sinne: Viel Spaß mit Bewegung in diesem goldenen Herbst! Und wer jetzt gleich Jonlieren lernen will, dem sei die App train@game Gamification von sport-attack empfohlen - auf geht´s!

 

Mag. Barbara Fisa, MPH, studierte erst Handelswissenschaften bevor sie ihre Leidenschaft für Sport, gesunde Ernährung und Entspannung zu Public Health brachte. Sie versteht sich als Vermittlerin von Wissenschaft, ist Beraterin, Keynote-Speakerin und Autorin („Raus aus der Pflegefalle“ gemeinsam mit Prof. Dr. Bachl und Dr. Biach im Springer Verlag). Sie arbeitet an Systemen zur Förderung eines gesunden Lebensstils für Menschen nach der Pensionierung, dem „Best-Agers-Bonuspass“, und berät die Stiftung motion4Kids. Nähere Informationen unter thehealthychoice.at

 


[i] https://fitness-badge.eu/de/test-profile-1

[ii] Araujo, C. G., e Silva, C. G. D. S., Laukkanen, J. A., Singh, M. F., Kunutsor, S. K., Myers, J., ... & Castro, C. L. (2022). Successful 10-second one-legged stance performance predicts survival in middle-aged and older individuals. British Journal of Sports Medicine, 56(17), 975-980.

Menü