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Ein trojanisches Pferd unterm Christbaum - Bildschön, polymorbid und digital dement

Leuchtende Kinderaugen, bezaubernde Wunderkerzen, Keksduft und…ein Handy unterm Christbaum. Auch dieses Jahr werden viele Kinder nach dem Weihnachtsfest glückliche Besitzer dieses heißersehnten Statussymbols sein: Im Jahr 2021 haben 11% der Deutschen Smartphones, Tablets oder Wearables geschenkt, 16% finden dieses Jahr ein Handy oder Smartphone unter dem Christbaum. i Sieht man sich die Altersstruktur der Beschenkten an, so werden diese jedes Jahr jünger: In Österreich bekommen Kinder ihr erstes Handy mit rund sieben Jahren.

Wenn wir unseren Urgroßeltern erzählt hätten, dass es einmal ein Wunderding geben wird, mit dem man telefonieren, in Sekundenschnelle Briefe verschicken, sich mit Freundesgruppen absprechen, den Kalender führen, auf die Uhr schauen, fotografieren, das Wetter erfragen, Radio hören und den neuesten Tratsch lesen kann, hätten sie sich wohl königlich über unsere blühende Fantasie amüsiert und die Geschichte anschließend in der Rubrik „Moderne Märchen“ abgelegt. 

Selbstverständlich hat das Handy in einigen Fällen auch bei den Kleinsten schon seine Berechtigung: Wenn sie beispielsweise einen gefährlichen oder weiten Schulweg bewältigen müssen oder als „Schlüsselkinder“ länger allein zu Hause sind. Dann kann es schon sehr beruhigend sein, wenn man Kontakt zu ihnen aufnehmen kann oder ein kurzes „Bin gut angekommen“ am eigenen Handy hat. Oft spielt auch der soziale Druck eine Rolle. Wenn man sich zum Beispiel per Whatsapp für das Fußballtraining an- oder abmelden muss.  

Wenn wir aber ganz ehrlich sind, haben diese paar Funktionen, diese paar Minuten nichts mit dem zu tun, was dann tatsächlich den ganzen Tag über passiert. Der Kurier vom 6.11.2022 titelte plakativ: „Smartphone mit Risiken und Nebenwirkungen“. Ähnlich wie ein Medikament, hat das Handy nicht nur positive Auswirkungen.  Die 4,8 Stunden, die wir offensichtlich pro Tag am Handy verbringen, können Körper und Geist auch langfristig stark beeinträchtigen: Die Augen leiden unter Trockenheit, Kurzsichtigkeit und – in Verbindung mit dem Heranwachsen - an einer Fehlentwicklung des Seh- und Vorstellungsvermögens. Der Bewegungsapparat erkrankt nicht nur an Sehnenscheidenentzündungen, Arthrosen der Daumengelenke und dem berüchtigten Handynacken, sondern dem generellen Bewegungsmangel durch den sitzenden Lebensstil. Unser Schlaf-Wachrhythmus wird durch das Blaulicht gestört, da es die Melatoninausschüttung behindert. Gerade bei Kindern fallen Entwicklungsverzögerung, wie Interaktionsstörungen, Sprachentwicklungsstörungen und motorische Defizite ins Gewicht und äußern sich nicht selten in Hyperaktivität. Bei den Pubertierenden schlägt sich vor allem der Social Media - Konsum in zunehmenden Fällen von Essstörungen wegen eines verzerrten Körperbilds nieder - „bildschön“ hat durch die diversen Filter eine völlig neue Bedeutung bekommen.  

Auch die Gefahr zu verunglücken ist nicht zu unterschätzen. Zur fehlenden Aufmerksamkeit im Straßenverkehr kommt noch der Selfie-Wahnsinn, bei dem die Location und die Umstände gar nicht spektakulär genug sein können: 41 Prozent der dabei Verunglückten ist unter 20 Jahre alt. Aber auch im Alltag fügt uns das Handy beträchtlichen Schaden zu: Das Schlagwort „Digitale Demenz“ beschreibt das Phänomen, dass das Handy, auch wenn es nur ganz harmlos neben uns am Schreibtisch liegt, den IQ messbar sinken, ein klingendes Handy die Leistung sogar um die Hälfte abfallen lässt. Kein Wunder: Wie ein besonders lästiger Chef diktiert es unser Tun, lässt uns nicht selbstbestimmt handeln und sorgt für dauernde Unterbrechungen.iii 

Diese Phänomene betreffen alle sozioökonomischen Schichten. Die übergroße Begeisterung wird durch den körpereigenen Belohnungsmechanismus der Dopaminausschüttung ausgelöst – wie auch jede andere Sucht. 

Jedes Gift hat ein Gegengift. Eine Medizin, die genauso ein Wundermittel ist und genauso vielfältigen Nutzen hat. Und das ist Sport. Sport bewirkt eine Verbesserung der Konzentrations- und Merkfähigkeit, unterstützt dadurch schulische Leistungen und letzendes ein höheres Bildungsniveau. Er sorgt für bessere Gesundheit und weniger Übergewicht. Außerdem helfen viele Sportarten bei der Entwicklung unserer sozialen Fähigkeiten und machen uns zum Teamplayer. In jedem Fall ist er ein Zeitfresser im besten Sinne: Die Zeit, die man mit Sport verbringt, kann man nicht am Handy sein. 

Für alle, die einen kleinen Trick brauchen, um ihre Kids zum Sport zu bewegen: motion4kids unterstützt Projekte, bei denen digitale Hilfsmittel zum Einsatz kommen. So kann das unvermeidbare Handy unter dem Christbaum quasi als trojanisches Pferd zum Einsatz kommen. Ein Geschenk, das ganz Anderes bewirkt, als ursprünglich vermutet. Und nur für den Fall, dass Sie noch (weitere) Weihnachtsgeschenke suchen: Eine Spende – zum Beispiel an motion4kids - bewirkt auch langfristig Gutes. Und steuerlich absetzbar ist sie auch. 

In diesem Sinne: Frohe bewegte Feiertage! 

 

Mag. Barbara Fisa, MPH, studierte erst Handelswissenschaften bevor sie ihre Leidenschaft für Sport, gesunde Ernährung und Entspannung zu Public Health brachte. Sie versteht sich als Vermittlerin von Wissenschaft, ist Beraterin, Keynote-Speakerin und Autorin („Raus aus der Pflegefalle“ gemeinsam mit Prof. Dr. Bachl und Dr. Biach im Springer Verlag). Sie arbeitet an Systemen zur Förderung eines gesunden Lebensstils für Menschen nach der Pensionierung, dem „Best-Agers-Bonuspass“, und berät die Stiftung motion4Kids. Nähere Informationen unter thehealthychoice.at 

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