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Schulbankdrücken gegen Gehirnverlust - Bildung ist Sport für die grauen Zellen

„Geld macht glücklich, wenn man rechtzeitig d’rauf schaut, daß man’s hat, wenn man’s braucht.“

Legendär geworden ist dieser Ausspruch von Josef Kirschneri durch die Werbung einer Bank aus den 80er Jahren. Auch wenn es hier weder um Bausparen noch um Finanzen im weiteren Sinn geht, kann man diesen Slogan auch perfekt auf die Bereiche umlegen, die uns hier beschäftigen: Bildung und Bewegung.

Haben Sie auch diese eine Freundin, die eigentlich deutlich weniger Sport treibt als Sie, Ihnen auch permanent erzählt, dass sie sich seit Monaten nicht bewegt hat und sie bei der sonntäglichen Laufrunde trotzdem locker abhängt? Wenn man dann wieder zu Luft gekommen ist, stellt sich heraus, dass sie in jungen Jahren im Verein war, mit ihren Eltern jedes Wochenende Wanderungen gemacht hat oder als Studentin leidenschaftlich gerne Schitouren gegangen ist.

Auf den ersten Blick scheint das für die Gegenwart wenig Relevanz zu haben, aber dem ist nicht so. Alles, was wir in unserer Kindheit, unserer Jugend oder im jungen Erwachsenenalter an Ausdauer oder Kraft aufgebaut haben, lässt uns, wenn mit dreißig Jahren der Abbau einsetzt von einem höheren Niveau starten. Und senkt damit die Wahrscheinlichkeit, jemals zu Lebzeiten die gefürchtete „Disability Threshold“, also die Grenze zur Behinderung und Unselbstständigkeit, zu überschreiten.

Analog dazu verhält es sich mit unserem Gehirn: Je mehr Jahre wir die Schulbank drücken, je länger wir neben der beruflichen Tätigkeit weiterhin Sprachen lernen und je anspruchsvoller unser Job ist, desto länger hält unsere kognitive Reserve. Pro Lebensjahr verabschiedet sich ein gesunder Mensch von ungefähr 0,2 Prozent, in späteren Lebensphasen sogar von 0,5 Prozent seines Gehirns. Insgesamt verlieren wir zwischen dem dreißigsten und dem neunzigsten Lebensjahr ein Drittel unseres Hippocampus, ein Viertel der weißen Hirnsubstanz und zehn Prozent der Hirnrinde. Besonders von diesem Abbau betroffen ist der Präfrontale Kortex, zuständig für Planung, Kontrolle und Konzentration: Bei Pensionsantritt haben wir nur noch rund 60 Prozent.

Während sich dieser Verfall bei gesunden Personen nicht so bald maßgeblich äußert, kommt er im Fall einer Erkrankung wie Demenz oder einem Schaden wie beispielsweise einem Schlaganfall massiv zum Tragen. Die Diskrepanz zwischen dem Ausmaß eines Hirnschadens oder einer Hirnerkrankung und den tatsächlichen klinischen Auswirkungen ist einerseits abhängig von der Gehirnreserve, also der Größe des Gehirns, andererseits von der kognitiven Reserve, die beschreibt, wie das Gehirn arbeitet. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang die neuronale Kompensation, also die Veränderungen in der kognitiven Verarbeitung bei Schaden in Form der Fähigkeit auf alternative Netzwerke zurückzugreifen. ii

Wer weniger als acht Jahre die Schule besucht, ist doppelt so anfällig für Demenz. Dasselbe gilt für Personen, die in geringer qualifizierten Berufen tätig sind. Maßgeblich ist aber auch, was wir in unserer Freizeit tun: Wer mehr als sechs Freizeitaktivitäten nachgeht, und dazu gehören auch Spazieren gehen, Stricken oder Freunde besuchen, erfreut sich eines 46 Prozent geringeren Demenzrisikos. „In Bildung zu investieren, bedeutet in die kognitive Reserve zu investieren.“, so die Neurowissenschafterin Sabina Brennan.iii

Kurz gesagt: Bildung ist für das Gehirn, wie Sport für den Körper!

Die gute Nachricht: Es ist nie zu spät! Ein Vierzigjähriger mäßig aktiver, der gerade mal mit dem Training anfängt, kann mit 50 auf demselben Niveau sein wie jemand der sein Leben lang sportlich sehr aktiv war, aber mit 45 Jahren sein Training einstellt. Selbst ein knapp 70-jähriger, der plötzlich zu trainieren beginnt, kann sich weitere zehn Jahre über der gefürchteten Schwelle zur Behinderung halten. Dasselbe gilt auch für die Gesunderhaltung des Gehirns: Wer gut auf seinen Lebensstil achtet und neugierig auf Wissen und Menschen bleibt, kann bis zum Ende seiner Tage geistig fit bleiben.

Was motion4kids damit zu tun hat? Motion4kids kümmert sich um Bildungsförderung durch Bewegung – und das schon in ganz jungen Jahren!

Mag. Barbara Fisa, MPH, studierte erst Handelswissenschaften bevor sie ihre Leidenschaft für Sport, gesunde Ernährung und Entspannung zu Public Health brachte. Sie versteht sich als Vermittlerin von Wissenschaft, ist Beraterin, Keynote-Speakerin und Autorin („Raus aus der Pflegefalle“ gemeinsam mit Prof. Dr. Bachl und Dr. Biach im Springer Verlag; link.springer.com/book/10.1007/978-3-662-63396-0). Sie arbeitet an Systemen zur Förderung eines gesunden Lebensstils für Menschen nach der Pensionierung, dem „Best Agers Bonus Pass“, und berät die Stiftung motion4Kids. Nähere Informationen unter thehealthychoice.at

i Josef „Joki“ Kirschner (1931 - 2016), österreichischer Journalist, Fernsehmoderator, Autor ii Kessler, J., Linden, P., Folkerts, A. K., & Folkerts, A. K. (2020). Wenn das Gehirn vorbereitet ist: Die kognitive Reserve. Der andere Anti-Demenz-Ratgeber: Wie Sie mit falscher Ernährung, wenig Bewegung und Einsamkeit Ihren Verstand schädigen, 73-79. iii Brennan, S. (2022). In 100 Tagen zu einem jüngeren Gehirn: Gedächtnis stärken, Konzentration verbessern und Demenz verhindern-Mit vielen Selbsttests und Übungen. Goldmann Verlag., S. 183

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