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Gaming – virtueller Babysitter mit Gesundheitsfolgen? Oder Bildungstool am Puls der Zeit?

Am Freitag, den 13. Oktober 2023 eröffnete im Wiener Rathaus die GAME CITY. Drei Tage lang wurde der Gaming-Community ein umfangreiches Programm im Spannungsfeld zwischen Gaming, Bildung und Information geboten. Bildung und Gaming? Wie soll das denn zusammen gehen? Ist Gaming nicht ausschließlich schädlich für Körper und Psyche?

Tatsächlich stolpert man im Gaming-Kontext schnell über die Schlagwörter Kurzsichtigkeit, Haltungsschäden und Reizüberflutung. Angesichts der weiten Verbreitung der Internetnutzung schon unter Kindern, gibt das durchaus Anlass zu Besorgnis. Laut SaferInternet nutzen 81 Prozent der Drei- bis Sechsjährigen täglich das Internet. 2013 waren es nur 41 Prozent. Lieblingsspielzeuge sind dabei Tablets, Smartphones und internetfähige Fernseher.

Zu lange Bildschirmzeit aus unmittelbarer Nähe beeinflusst das Längenwachstum des Auges und damit die Entstehung von Kurzsichtigkeit und ihrer Folgeschäden wie Netzhautablösungen und Makuladegeneration. Grund dafür ist auch zu wenig im Freien verbrachte Zeit, was die Akkommodationsfähigkeit unterstützen würde. Empfohlen sind mindestens zwei Stunden am Tag im Freien bei Tageslicht – eine gute Idee, weil dadurch auch die ebenso empfohlenen 60 Minuten Bewegung in Reichweite rücken würden. Kurzsichtigkeit bei Kindern ist jedenfalls ein Thema: In Deutschland leiden mit drei Jahren 4 Prozent, mit 10 Jahren knapp 10 Prozent und mit 16 bereits 27 Prozent der Kinder und Jugendlichen daran. 2050 sollen 50 Prozent der Weltbevölkerung von Myopie betroffen sein.

Ein anderes gesundheitliches Thema sind Haltungsschäden: Schon Kinder leiden unter Nackenverspannungen, Kopfschmerzen, Tinnitus und Schwindel. Kein Wunder: Der Kopf mit seinen sechs Kilo sollte eigentlich mittig von der Halswirbelsäule und allen darunterliegenden Strukturen getragen werden. Schiebt der Kopf nach vorne oder beugt sich die Halswirbelsäule in einem 30 Grad Winkel, erhöht sich das Gewicht, das die Halswirbelsäule zu tragen hat auf 20 Kilo. Langfristig entstehen daraus auch Probleme mit der Lendenwirbelsäule. Das Gegenmittel? Wieder mal Sport: Besonders geeignet sind Übungen in Überkopfhaltungen wie Handstand, Bewegungen in der Hüftstreckung wie Ball- oder Fangenspielen und altersadäquates Krafttraining.

Bei all dem Bashing der digitalen Welt darf man aber nicht übersehen, dass Gaming aus unserer Welt nicht mehr wegzudenken. Und es kann durchaus auch wertvoll sein: Kinder lernen durch virtuelle Rollenspiele, haben Spaß und können entspannen. Wichtig ist nur, dass sie dabei nicht sich selbst überlassen werden. Die virtuelle Welt ist kein Babysitterersatz. Es beginnt damit, die Spiele gemeinsam auszuwählen: Die Bekanntheit der Spiele orientiert sich zumeist an Verkaufszahlen und nicht an kindlichen Bedürfnissen und persönlichen Werten. Unabhängige Angebote für Spieletipps finden sich beispielsweise auf spielebox.at, bupp.at und dem spieleratgeber-nrw.de. Hilfreich sind auch Jugendschutzkennzeichnungen wie die europaweiten PEGI- oder die deutsche USK – Kennzeichnung.

Ist das ersehnte Spiel endlich in der Konsole, spielt man am besten gemeinsam. Klar kennt sich heutzutage jedes Kind in technischer Hinsicht wahrscheinlich besser aus als seine Eltern, trotzdem ist es wichtig, um danach gemeinsam über Spiel, Realität und alles im Spiel Erlebte sprechen zu können. Unabdingbar sind auch Regeln, wann und wieviel gespielt werden darf. Und Augenmerk darauf zu legen, dass andere Aktivitäten wie Treffen mit Freunden, Kreatives und Spielen im Freien nicht zu kurz kommen.

Stichwort: Im Freien. Der Kurier ortet bereits eine Gegenbewegung. In Werbekampagnen für Bier, Autos und Bausteine findet man den Aufruf zurück zum echten Leben und zur Natur.  Gaming, Social Media und das Internet allgemein werden als Zeitdiebe enttarnt. Bis vor dreißig Jahren gab es nichts davon. Die psychischen und physischen Auswirkungen sind schwer abschätzbar. Während wir glauben, die ganze Welt nach Hause zu holen, haben wir keinen einzigen echten Kontakt.

Einer der Aussteller auf der Game City war übrigens das von uns geförderte Projekt GEDS, umgesetzt in einem tollen Dschungel-Stand mit vielen Mitmachstation GEDS Gamer Health Area @ GAMECITY – GEDS (gedsteam.at). GEDS steht für Gesundheit, Entwicklung, Durchblick und Selbstbewusstsein und bietet die perfekte Verbindung beider Welten: Gaming und Bewegung, Gerne auch im Freien, wie diesen Sommer bei den GEDS Summercamps.

 

Mag. Barbara Fisa, MPH, studierte erst Handelswissenschaften bevor sie ihre Leidenschaft für Sport, gesunde Ernährung und Entspannung zu Public Health brachte. Sie versteht sich als Vermittlerin von Wissenschaft, ist Beraterin, Keynote-Speakerin und Autorin („Raus aus der Pflegefalle“ gemeinsam mit Prof. Dr. Bachl und Dr. Biach im Springer Verlag; link.springer.com/book/10.1007/978-3-662-63396-0). Sie arbeitet an Systemen zur Förderung eines gesunden Lebensstils für Menschen nach der Pensionierung, dem „Best Agers Bonus Pass“, und berät die Stiftung motion4Kids. Nähere Informationen unter thehealthychoice.at

 

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